Ein Schloss zum Anfassen

15.07.2016

Schloss Lohm hat eine wechselvolle Geschichte. Grafen und Domherren lebten dort, zur NS-Zeit trafen sich da Nazigrößen. Zu DDR-Zeiten in LPG-Besitz, befindet es sich jetzt wieder in Privathand. Und doch ist es ein Schloss zum Anfassen, denn die neuen Schlossherren teilen die Pracht gern mit
Hilmar Bergmann und seine Frau Sandra - historisch gewandet
Quelle: Renate Zunke

 

Lohm. Mit zwei barocken Herrenhäusern kann das kleine Lohm aufwarten. Das größere, am südöstlichen Ortseingang gelegene, Lohm II genannt, hat eine sehr wechselvolle Geschichte.
Caspar Joachim von Kröcher erbaute das barocke Gebäude 1740 mit einem großen Garten im französischen Stil. Er war durch die Erträge seines Gutes und durch Pfründe seiner Domherrschaft zu Havelberg sehr wohlhabend. Sein Sohn Hans Ernst Wilhelm, ebenfalls Domherr zu Havelberg, mehrte in seinem kurzen Leben den Besitz durch gute Bewirtschaftung der Ländereien. Nach seinem Tod erhielt bei einer Auslosung unter seinen beiden Söhnen der Rittmeister Hans Joachim Adolph im Jahr 1806 den gut ausgestatteten Gutsbesitz. Als Major nahm er seinen Abschied und war von 1817 bis 1850 der erste Landrat der Ostprignitz. Sein Enkel Adolf Hans Wilhelm war der vorletzte Kröchersche Besitzer von Herrenhauses und Gut.


Der Besitzer wanderte nach Amerika aus
Nach seinem Tod verkaufte dessen Sohn Hans Adolph Bernhard Gut Lohm II mit einer Größe von 953 Hektar im Jahr 1924 an die Deutsche Kultur- und Siedlungsgesellschaft in Berlin. Er selbst wanderte nach Amerika aus. Im Grundbuch sicherte er seiner Mutter Asta von Kröcher und seiner verwitweten Schwester Marie Luise Asta im Jahr 1922 die Wohnrechte im Schloss. Beide Frauen erlebten ihre letzten Jahre in einem der Kavaliershäuser des Herrensitzes. Sie litten 1945 sehr unter den Folgen der Plünderungen und der Einquartierung von Flüchtlingen und verstarben in diesem Jahr.

 

Der wieder hergerichtete Spiegelsaal des Schlosses kann auch für Privatfeiern gemietet werden.


Quelle: Renate Zunke
Die Siedlungsgesellschaft verkaufte 1926 Teile des Gutes an den Kreis Ostprignitz. Bis dahin hatte die Gesellschaft schon mit der Besiedlung des Gutes begonnen und eine große Anzahl von Kauf- und Rentenverträgen abgeschlossen. Unter den Käufern befanden sich Graf Wilhelm von Wedel und seine Ehefrau Ida. Sie gelangten damit in den Besitz des Restgutes Lohm II mit 175 Hektar Land und dem Schloss.


Wedel genoss in nationalsozialistischen Kreisen großes Ansehen. Er wurde SA-Oberführer, später SS-Brigadeführer, 1934 Landrat der Ostprignitz und 1935 Polizeipräsident von Potsdam. Während seiner wenigen Jahre in Lohm war das Schloss Treffpunkt vieler Nazi-Größen. Auch Adolf Hitler gehörte zu den Gästen. Nach 1945 musste es die Lohmer Bevölkerung mit besonders drastischen Drangsalierungen durch die sowjetischen Truppen büßen. Nach Wedels Tod im Jahr 1939 verkaufte seine Witwe das Gut an den Berliner Bauunternehmer Friedrich Kotzbau. Er wurde 1945 enteignet.


1945 wurde die barocke Anlage Gemeindeeigentum
Die barocke Anlage wurde Gemeindeeigentum. Die drei Gebäude, Schloss und Kavaliershäuser, wurden von 1945 bis 1968 als Wohnungen, Verwaltungsbüros der LPG, als Gemeindeschwesternstation und Telefonzentrale der Post genutzt. Dann wurde das Gebäude zur Zentralschule umgebaut. Die wenigen kunsthistorischen Zeugnisse, die noch erhalten waren, wurden im Auftrag des Denkmalschutzes ausgebaut. So ist zum Beispiel eine Leinwandtapete mit Rokoko-Malereien in Schloss Friedrichsfelde in Berlin zu finden. Bis zum Jahr 2002 wurde im Schloss noch unterrichtet, dann wurde die Schule geschlossen.
Nach einigen Jahren Leerstand erfüllte sich der Berliner Unternehmer Hilmar Bergmann mit dem Erwerb von Lohm II seinen Traum, in einem Schloss zu wohnen. Seine damalige Frau hatte das Verkaufsangebot gefunden und sich in das historische Gebäude verliebt. Für den Ehemann war es nicht unbedingt Liebe auf den ersten Blick. „Ich wäre lieber in die Uckermark gezogen“, sagt Hilmar Bergmann, Chef einer Firma, die sich mit dem Korrosionsschutz von Wasserfahrzeugen befasst. Er und seine jetzige Frau Sandra, die aus dem Weserbergland stammt, loben das sehr gute Verhältnis zu den Dorfbewohnern. „Dass wir hier so gut aufgenommen wurden, das ist das Tolle“, sagt der 56-jährige Bergmann, seit sieben Jahren in Lohm ansässig.


Gutes Verhältnis zwischen Lohmern und Schlossherren
Unterhaltung und notwendige Sanierungsarbeiten von Schloss und Park kosten natürlich Geld. So hat Hilmar Bergmann zum Beispiel die 1970 ausgebaute Wandbespannung nach Originalvorlagen neu anfertigen lassen. An die geänderten Größenverhältnisse der Räumlichkeiten angepasst, kann man sie jetzt wieder im Schloss bewundern.


Bergmanns stellen ihre barocke Heimstatt gern interessierten Veranstaltern zur Verfügung – für Tagungen, Seminare, Ausstellungen, Lesungen, Konzerte, Tanzveranstaltungen und Feste aller Art. Das historische Ambiente wird auch für Familienfeiern genutzt. Immerhin befindet sich im Schloss Lohm eine Außenstelle des Standesamtes Neustadt. Die von weiter her angereisten Gäste können übernachten, denn ein Pensionsbetrieb ist ein weiteres Geschäftsfeld der Schlossbewohner. Die Kavaliershäuser werden vermietet. Eines von ihnen wurde gerade freigezogen.


Historisches Biwak am 17. und 18. September
Vom 17. Bis 18. September wird zum zweiten Mal das Historische Biwak am Schloss aufgebaut. Veranstalter ist die „Historische Gesellschaft zu Kyritz e. V. Hier ist Hilmar Bergmann Vereinsmitglied und Schatzmeister. Schon beim ersten Mal war das Biwak für die Dorfbewohner ein Spektakel. In diesem Jahr wird unter anderem im Park eine Feldschmiede aufgebaut, es wird eine historische Modenschau geben und natürlich Kanonendonnern. Die Gäste können Getränke und Essbares kaufen.


Außerdem startet am 26. Und 27. August das Lohmer Dorffest im Park. Der ist noch eine große grüne Wiese. Doch Sandra Bergmann, die mit unermüdlicher Kreativität und Gespür für das Historische eigenhändig die Innenräume des Schlosses gestaltet, will den Park verändern. Entstehen sollen zum Beispiel ein großes Buchsbaumrondell, ein Laubengang und vieles mehr. Ein barocker Garten ziert bereits die Vorderseite des Schlosses. Und im Kopf hat Sandra Bergmann schon wieder ein weiteres Projekt. Sie träumt von einer Schlossnacht. In der Art eines venezianischen Picknicks sollen Leute einen wunderschönen Abend bei Kerzenschein im Schlosspark verbringen, sich, in historische Roben gewandet, selbst inszenieren.
Von Renate Zunke

 

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